M. Haslebacher: BZ, eine Berner Erfolgsgeschichte

Titel
BZ, eine Berner Erfolgsgeschichte. Vom Berner Tagblatt zur Espace Media Groupe


Autor(en)
Haslebacher, Martin
Erschienen
Bern 2004: Benteli Verlag
Anzahl Seiten
151 S.
Preis
€ 19,00
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Robert Barth, Stadt- und Universitätsbibliothek

Die grundsätzlichen Fakten sind bekannt: Zwischen 1971 und 1997 schrumpfte das Berner Angebot von fünf auf zwei überregionale Tageszeitungen. Aus dem mittelgrossen «Berner Tagblatt» mit einer Aufl age von 60 000 Exemplaren entstand ein Verbund von Zeitungen, der mit einer Gesamtauflage von 230 000 zu den drei grossen der Schweiz gehört. Den ersten Schritt dazu machte der Unternehmer Charles von Graffenried 1979, als er die «Berner Nachrichten BN» zur Fusion gewinnen konnte, obwohl dieses Blatt erst zwei Jahre zuvor durch den Zusammenschluss der «Tagesnachrichten» (Münsingen) und der «Berner Zeitung» (Langnau) entstanden war.

Bereits in den ersten Jahren nach dem Zusammenschluss von 1979 wurde die später immer wieder angewendete Taktik deutlich: Gab es bei der Fusion als Zugeständnis an die anderen Partner noch drei Druckstandorte und drei Redaktionszentren, so erfolgte bald die Konzentration auf Bern. Bestand in den ersten fünf Jahren noch ein Co-Präsidium, so führte von Graffenried ab 1984 alleine, ohne allerdings die Aktienmehrheit zu besitzen. Und konnte der charismatische Unternehmer bei der Vergabe der Lokalradio-Konzessionen 1983 nicht punkten, so kaufte er sich einfach bei Radio ExtraBern ein, als dieses kein Jahr später in finanzielle Nöte geriet.

Schritt für Schritt weitete das Unternehmen seinen Einfl uss innerhalb und ausserhalb des Kantons Bern aus durch individuell zugeschnittene Abkommen im Oberland («Thuner Tagblatt» und «Berner Oberländer») und in Freiburg. Im Kanton Solothurn hingegen entstand mit der «Mittelland-Zeitung» ein Gegenpool mit einer Auflage von 200 000 Exemplaren. Und immer wieder erschien der «Bund» und mit diesem der NZZ-Verlag als Verlierer, da er zwar ebenfalls intensiv Partner suchte, aber immer einen Schritt zu spät war.

Natürlich kommt die vorliegende verlagseigene Publikation, geschrieben vom
Chef des Lokalressorts der BZ, als Erfolgsgeschichte daher, immerhin schimmern vereinzelt auch kritische Aspekte durch. So spürt man zum Beispiel etwas vom Ringen um die politische Ausrichtung des Blattes, dem in den ersten Jahren – und besonders unter Urs P. Gasche (1982–1985) – Linkslastigkeit vorgeworfen wurde. Wie es um die Vorstellungen von einer unabhängigen Presse stand, zeigt die Forderung eines SVP-Regierungsmitglieds von 1983: «Die BZ habe die Aufgabe, ‹mit den Regierenden eine Partnerschaft einzugehen›, um die ‹Staatserhaltung› zu sichern» (S. 33). Zwei Jahre später wagte es die BZ nicht, in der «Hafner-Affäre» den Inhalt des Berichts der Besonderen Untersuchungskommission (BUK) alleine zu veröffentlichen, nachdem sie in dessen Besitz gekommen war. «Sie fürchtet, aus dem Fall ‹Regierung› werde dann vom Machtapparat ein Fall ‹BZ› gemacht» (S. 59). Deshalb gab sie die Informationen freiwillig auch an die Konkurrenz preis, um die höchst brisanten Nachrichten gemeinsam zu veröffentlichen.

Die Versuche gleich aller drei grossen Zürcher Mediengruppen (Tages-Anzeiger, Ringier und Neue Zürcher Zeitung), den Berner Mark zu erobern, wies Charles von Graffenried in die Schranken, und diese gelangten nur zu Minderheitsbeteiligungen (TA-Media mit 49 Prozent an der BZ und die NZZ mit 40 Prozent am «Bund»). Die in den letzten drei Jahrzehnten sonst nicht überaus erfolgreiche Berner Wirtschaftsgeschichte hat hier einen ihrer Glanzpunkte. In dessen Zentrum steht Charles von Graffenried, der hartnäckig, schlau und zielstrebig den Berner Medienmarkt eroberte. (Das gilt nicht nur für die Zeitungen, sondern auch die Drucke reien und das Anzeigengeschäft.) Einstweiliges Resultat ist seit 2004 das so genannte «Berner Modell»: Eine Stadt mit zwei unabhängigen Zeitungsredaktionen, aber gemeinsamer Produktion, gemeinsamem Anzeigenpool und Vertrieb sowie einer engen Verfl echtung bei den Besitzerrechten. Der 1925 geborene von Graffenried kann sich nach eigener Aussage Bern ohne den «Bund» nicht vorstellen. Aus seinem bisherigen Vorgehen mit Übergangslösungen und kleinen Schritten wäre allerdings eher zu erwarten, dass das jetzige «Berner Modell» nicht der Unternehmung letzter Schluss ist. Die Entwicklung in Richtung Monopolblatt ist jedoch nicht aussergewöhnlich: Mit Ausnahme von Zürich besitzen alle grösseren Deutschschweizer Städte nur noch ein Blatt. Und starke, ja autoritäre Persönlichkeiten prägten seit jeher die Medienlandschaften (Agnelli, Berlusconi, Hersant, Maxwell, Murdoch). «Was wird sein, wenn er [Graffenried] dereinst nicht mehr am Ruder ist?», fragt der Autor denn auch leicht besorgt (S. 146).

In zwei durchlaufenden Randspalten links und rechts bietet Haslebacher je eine wertvolle Chronologie wichtiger Ereignisse der schweizerischen Medienlandschaft und der BZ-Gruppe. Das Werk ist reich bebildert. Schade nur, dass kein gediegeneres Layout gefunden wurde.

Zitierweise:
Robert Barth: Rezension zu: Haslebacher, Martin: BZ, eine Berner Erfolgsgeschichte. Vom Berner Tagblatt zur Espace Media Groupe, Bern, Benteli Verlag, 2004, 151 S., ill.. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 66, Nr. 4, Bern 2004, S. 227f.

Redaktion
Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 66, Nr. 4, Bern 2004, S. 227f.

Weitere Informationen